Das
Geheimnis des Juden Typsiles
Dieser neue historische Kriminalroman soll im Herbst diesen Jahres als Fortsetzung des "Homunculus" erscheinen. Die Handlung spielt mit denselben Hauptfiguren ebenfalls in Aichach, in Augsburg und dem Wittelsbacher Land. Macht das erste Kapitel Lust auf mehr? (Korrektorat findet noch statt)
1
Die Fensteröffnung des Schlafgemachs verschloss ein
Fensterladen, ein mit Pergament gefüllter Rahmen und zusätzlich hing ein alter
Flickenteppich davor. Trotz allem pfiff
in dieser klaren und frostigen Vollmondnacht der Wind durch die Ritzen.
Bereits Anfang November bedeckte morgens die Dächer und Bäume weißer Reif und
ein kalter Wind wehte aus Norden. Balthasar schlief unruhig und wälzte sich im
Bettkasten hin und her. Er ruhte auf einem mit Stroh gefüllten Leinensack unter
mehreren dicken Wolldecken und hatte seinen Kopf fast vollständig unter dem
Zudeck versteckt. Neben ihm schnarchte friedlich seine Ehefrau Lisbeth. Helles
Mondlicht fiel durch Lücken der hölzernen Dachsparren und schemenhaft
zeichneten sich die Umrisse der Gegenstände des Raumes ab.
Balthasar sorgte sich um seine Geschäfte. Immer wieder brach
Streit zwischen den Wittelsbacher Vettern aus, der in unsäglichen Kriegen
endete. Nun zerstritten sich auch noch Vater und Sohn der Ingolstädter Herzöge,
die beide den Namen Ludwig führten. Wohin sollte das führen? Ein erneuter Krieg
im Aichacher Land? Es musste Frieden herrschen, damit die Kaufleute Handel
treiben konnten. Andererseits bot auch der Krieg gute Verdienstmöglichkeiten,
wenn man es richtig anstellte. Man musste nur die Waren besitzen, nach denen
hinterher alle verlangten. Krieg kam immer mit Teuerung einher. Dumm war nur,
wenn man auf der falschen Seite stand. Wie viele Grenzen musste in
Friedenszeiten das Salz aus dem Berchtesgadener Land überschreiten, bis es nach
Aichach gelangte und dann weiter zu seinem jeweiligen Bestimmungsort im Reich verbracht
werden konnte. Jeder Zoll verteuerte die Ware und jeder Überfall minderte den
Gewinn. Natürlich verdiente er immer noch genug am Salzhandel, aber es könnte
mehr sein.
Der Kaufmann träumte unruhig. Er begleitete einen seiner
Handelszüge, zwei zweiachsige Wagen, schwer mit Salzfässern beladen und jeweils
von vier Ochsen gezogen. Die Knechte trieben die Zugtiere mit lautem
Peitschenknallen voran, mehrere Bewaffnete liefen neben her und er ritt auf
einem schwarzen Rappen. Sie durchquerten einen dunklen Hohlweg, links und rechts
begrenzt von dichtem Buschwerk und mit hohem Baumbestand bewachsenen steilen
Abhängen. Er erkannte augenblicklich, hier drohte Gefahr. Einen besseren Ort
für einen Überfall konnte es kaum geben. Die Knechte sahen dies ebenso und
sicherten die Wagen mit gesenkten Piken nach links und rechts. Balthasar zückte
sein Schwert. Plötzlich erblickten sie am Ausgang des Hohlweges ein kleines
Mädchen. Sie sah den Kaufmann aus dunkelbraunen Augen mit einem ernsten und
stechenden Blick an. Ihre Arme umklammerten eine zerrissene und verschmutzte
Stoffpuppe. Die Wagen hielten an.
Balthasar spürte das irgendetwas nicht in Ordnung war. Er
roch die Gefahr und ballte die Fäuste. Der Boden unter seinen Füßen wankte und
er wurde hin und her geschüttelt. Neben ihm röchelte etwas und stöhnte laut
auf. Es schien seine Frau zu sein, die sich heftig bewegte. Wo kam sie so
plötzlich her? Der Kaufmann verstand das Alles nicht. Auf einmal saß er
senkrecht im Bett und erkannte einen Schatten, der sich über seine Frau beugte.
Balthasar wollte schreien. Im selben Momente raste etwas Dunkles auf ihn zu.
Ein unglaublicher Schmerz stach durch seine Kehle – die Luft, die Luft, er
bekam keine Luft mehr. Ein letztes Mal bäumte sich der Kaufmann auf, fasste mit
beiden Händen an seinen Hals, fühlte eine tiefe Wunde und warmes Blut, das über
seine Finger strömte. Dann brach er zusammen. Den zweiten Stoß mit dem Dolch
mitten ins Herz spürte er nicht mehr.
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