Meine Romane spielen ja noch im
ausklingenden Mittelalter, aber Veränderungen deuten sich bereits
an. Die Menschen glaubten noch daran, die Erde wäre eine Scheibe in
deren Zentrum sich Jerusalem befindet. Krankheiten, Kriege und
Schicksalsschläge wurden als gottgegeben hingenommen. In diesen
Verhältnissen mussten sich auch die Bewohner des Wittelsbacher
Landes zurechtfinden. Der Ständestaat war Gottes Wille - mit dem
Monarchen an der Spitze, unter ihm der Klerus und der Adel und die
Basis auf die sich alles stützte der Bauernstand und die Handwerker
und Bürger der Städte. Die Veränderungen kamen aus den großen
Städten.
Verbrechen oder auch ein Infragestellen
dieses Systems wurde für die Angehörigen des 3. Standes mit
brutalsten Strafen geahndet. Natürlich war das System aus dem
heutigen Blickwinkel betrachtet brutal und ungerecht, aber wie lebten
die Menschen in dieser Zeit?
Es gab kriegerische
Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Adligen oder auch
Kirchenfürsten, die Not und Elend für das Volk brachten. Auf der
anderen Seite gab es Gesetze und die Möglichkeit Streitigkeiten auf
gerichtlichem Wege auszutragen. Friedensbrecher konnten durch einen
Bann des Reiches oder der Kirche außerhalb der Gemeinschaft gestellt
werden und verloren dadurch Macht und Einfluss.
Mein Protagonist der Badermeister Simon
Schenk nahm am 19. September 1422 als junger Feldscher an der Schlacht bei Alling teil. Von
den Siegern wurde diese Schlacht als großer Sieg mit zahllosen
Gefallenen und Gefangenen dargestellt. Tatsache scheint jedoch zu
sein, dass es sich eher um eine kleinere Auseinandersetzung handelte.
Aber um die Heldentaten herauszustreichen wurde eben in allem maßlos
übertrieben. Waffen wie der Langbogen und die Armbrust galten als
unehrenhaft und nur der ritterliche Kampf als ehrenhaft. Ein weiterer
Grund den Gegner am Leben zu lassen, lag in der Gepflogenheit für
die Gefangenen Lösegeld zu erpressen. Die Gegner sprachen dieselbe
Sprache und ein toter Bauer konnte seinen Acker nicht mehr bestellen,
der ja dann eventuell dem Sieger zufiel. Auch die Raubritter hatten
ein Interesse daran, dass die Pfeffersäcke mit ihren reichen
Warenzügen regelmäßig vorbeikamen.
Das alles änderte sich mit dem Beginn
der Neuzeit. Wobei dies ein langsamer Prozess war. Neue Techniken
bestimmten Kriegsführung, die Erfindung des Schwarzpulvers und die
Söldnerheere ernährten sich aus den Landschaften durch welche sie
zogen. Die Religionskriege taten ihr übriges, es gab keinen
gemeinsamen Glauben mehr, der die Menschen verband. Mit Beginn des
Dreißigjährigen Krieges bis 1945 zahlten die Menschen des
Wittelsbacher Landes in zahllosen Kriegen einen hohen Blutzoll, der
in diesen 300 Jahren tausenden Bewohnern das Leben kostete. Dazu
kamen riesige materielle Verluste durch Plünderungen,
Brandschatzungen und Kontributionen an die jeweiligen
Besatzungstruppen. Es gibt kaum ein europäisches Volk, dass in
dieser Zeit nicht mit seinen Soldaten durchs Wittelsbacher Land
gezogen wäre – Schweden, Engländer, Franzosen, Niederländer,
Österreicher, ja sogar die Russen. Sie alle zogen ein Spur der
Verwüstung und des Elends hinter sich her. Mit dem Elend das mit den
Kriegen einherging, breiteten sich natürlich auch Krankheiten und
Seuchen aus. Aichach war eine wohlhabende und bedeutende Stadt, die
nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges nie mehr den Rang
einnahm, den sie vorher besaß.
Die grausamen Hexenverfolgungen, die
oft fälschlicherweise dem Mittelalter zugerechnet werden, fanden
ihren Höhepunkt im 16. und 17. Jahrhundert und waren nicht typisch für katholische Gebiete, sondern in protestantischen Herrschaften ebenso verbreitet.
Seit nunmehr siebzig Jahren leben die
Menschen des Wittelsbacher Landes in Sicherheit und relativem
Wohlstand. Darüber sollte man glücklich sein, aber wenn man sich
auf eine Zeitreise in unsere Vergangenheit begeben könnte, dann
sollte man die vergangenen 600 Jahre doch besser überspringen.
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