Geschichten aus dem Wittelsbacher Land
Wer
sich öfters auf der Seite vom Homunculus umschaut, sieht schnell,
wie viele Sehenswürdigkeiten das Wittelsbacher Land und sein
Mittelpunkt, die Stadt Aichach, zu bieten haben. Leider wird Aichach
in der überregionalen Wahrnehmung oft auf die JVA reduziert und
unsere deutschlandweit bekannte Prominenz sitzt auch meistens im
Gefängnis.
In
den Jahren 1905 bis 1908 wurde die Strafanstalt südöstlich der
Stadt Aichach an der Straße von Aichach nach München errichtet. Im
Januar 1909 nahm das Gefängnis seinen Betrieb auf. Im Amtsblatt des
königlichen Bezirksamts und königlichen Amtsgerichts Aichach wird
die Ankunft der Gefangenen geschildert:
„Das
Eintreffen des ersten Transportes der für die kgl. Strafanstalt
Aichach bestimmten weiblichen Strafgefangenen fand am Freitag, den
15. Januar abends 5.00 Uhr statt. Vom Bahnhof aus, woselbst sich eine
große Anzahl Schaulustiger eingefunden hatte, wurden die Gefangenen
73 an der Zahl, unter starker Gendarmerieeskorte, zur neuen
Strafanstalt übergeführt und dort sofort hinter Schloß und Riegel
gebracht. Mit dem ersten Transport trafen auch mehrere Kranke,
darunter eine Schwerkranke, ein, die in geschlossenen Wagen an ihren
Bestimmungsort verbracht wurden. Mit Ausnahme des Sonntags kamen
täglich größere Transporte hier an. Unter den Gefangenen, die
teils Gefängnis- teils Zuchthausstrafen abzubüßen haben, war die
Jugend und das Alter vertreten. Die aus Kaiserslautern, Wasserburg,
Würzburg und Sulzbach eingetroffenen Büßerinnen trugen je nach der
Anstalt verschiedene Kleidung, mehrere auch weiße Hauben. Wie die
menschliche Natur verschieden ist, so maßen die einen der Gefangenen
mit frechen Blicken die umherstehende Menschenmenge, während die
anderen aus Scham sich nicht aufzublicken wagten oder weinten. In
zartbesaiteten Gemütern erregte der Anblick einer solch großen Zahl
gefangener Mitmenschen eine traurige Stimmung, und mancher besah sich
das Schauspiel nur einmal.“
Damals
gab es noch keine Ablenkung durch Fernsehen, Internet,
Skandalblättchen oder Fußball und von daher waren die Menschen für
jede Ablenkung dankbar, mochte sie noch so makaber sein. Also die
Gaffer von heute gab es damals auch schon und beim Zug der
„Verbrecher“ durch die Straßen kam noch ein Gruselfaktor hinzu.
Zum Beispiel versammelten sich bei der letzten Hinrichtung am 12.
Dezember 1835 in Aichach weit über zehntausend Schaulustige um dem
Spektakel beizuwohnen.
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