Freitag, 9. Dezember 2016

Die Ankunft der ersten Gefangenen im Aichacher Gefängnis

Geschichten aus dem Wittelsbacher Land


Wer sich öfters auf der Seite vom Homunculus umschaut, sieht schnell, wie viele Sehenswürdigkeiten das Wittelsbacher Land und sein Mittelpunkt, die Stadt Aichach, zu bieten haben. Leider wird Aichach in der überregionalen Wahrnehmung oft auf die JVA reduziert und unsere deutschlandweit bekannte Prominenz sitzt auch meistens im Gefängnis.

In den Jahren 1905 bis 1908 wurde die Strafanstalt südöstlich der Stadt Aichach an der Straße von Aichach nach München errichtet. Im Januar 1909 nahm das Gefängnis seinen Betrieb auf. Im Amtsblatt des königlichen Bezirksamts und königlichen Amtsgerichts Aichach wird die Ankunft der Gefangenen geschildert:

 
Das Eintreffen des ersten Transportes der für die kgl. Strafanstalt Aichach bestimmten weiblichen Strafgefangenen fand am Freitag, den 15. Januar abends 5.00 Uhr statt. Vom Bahnhof aus, woselbst sich eine große Anzahl Schaulustiger eingefunden hatte, wurden die Gefangenen 73 an der Zahl, unter starker Gendarmerieeskorte, zur neuen Strafanstalt übergeführt und dort sofort hinter Schloß und Riegel gebracht. Mit dem ersten Transport trafen auch mehrere Kranke, darunter eine Schwerkranke, ein, die in geschlossenen Wagen an ihren Bestimmungsort verbracht wurden. Mit Ausnahme des Sonntags kamen täglich größere Transporte hier an. Unter den Gefangenen, die teils Gefängnis- teils Zuchthausstrafen abzubüßen haben, war die Jugend und das Alter vertreten. Die aus Kaiserslautern, Wasserburg, Würzburg und Sulzbach eingetroffenen Büßerinnen trugen je nach der Anstalt verschiedene Kleidung, mehrere auch weiße Hauben. Wie die menschliche Natur verschieden ist, so maßen die einen der Gefangenen mit frechen Blicken die umherstehende Menschenmenge, während die anderen aus Scham sich nicht aufzublicken wagten oder weinten. In zartbesaiteten Gemütern erregte der Anblick einer solch großen Zahl gefangener Mitmenschen eine traurige Stimmung, und mancher besah sich das Schauspiel nur einmal.“

Damals gab es noch keine Ablenkung durch Fernsehen, Internet, Skandalblättchen oder Fußball und von daher waren die Menschen für jede Ablenkung dankbar, mochte sie noch so makaber sein. Also die Gaffer von heute gab es damals auch schon und beim Zug der „Verbrecher“ durch die Straßen kam noch ein Gruselfaktor hinzu. Zum Beispiel versammelten sich bei der letzten Hinrichtung am 12. Dezember 1835 in Aichach weit über zehntausend Schaulustige um dem Spektakel beizuwohnen.

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