Sonntag, 17. Juli 2016

Augsburger Wiedertäufer

Geschichten aus dem Wittelsbacher Land

Aus der Chronik des Clemens Senders, Benediktinermönch von St. Ulrich und Afra in Augsburg, geboren am 23. November 1475 in Lauingen (Der Text wird in einer heute verständlichen Sprache wiedergegeben)

Die Auseinandersetzung um den rechten Glauben wurde im Wittelsbacher Land und im Schwäbischen, wie überall im Reich mit Intoleranz und äußerster mittelalterlicher Grausamkeit geführt. Im Umgang und der Bewertung der Wiedertäufer gab es keinen großen Unterschied zwischen den katholischen und protestantischen Fürsten, der katholischen und protestantischen Geistlichkeit im Reich. Der Homunculus freut sich über die vielen Mittelalterfeste im Land und die Freude der Leute am Verkleiden und dem Interesse an der alten Zeit, aber die Wirklichkeit im ausgehenden Mittelalter und der beginnenden Neuzeit hat damit gar nichts zu tun.

23. April 1528

„Am St. Georgentag ist Eyttelhans Langenmantel mit seinem 19jährigen Knecht und seiner Magd in Leiterhofen vom Hauptmann des Schwäbischen Städtebundes Diepold vom Stain festgenommen worden. Außerdem wurden in Göggingen zwei junge Bauernknechte gefangen genommen. Der Hauptmann hat die Ketzer mit 20 Reitern nach Weißenhorn geführt und am 11. Mai hat man sie dort enthauptet und die Magd ertränkt. Sie alle haben ihren Irrtum widerrufen und ihr Leben im alten, wahren, christlichen Glauben beschlossen.


Der Langenmantel litt schwer unter der Podogra (Gicht), deshalb fuhr man ihn auf einem Karren zur Richtstatt hinaus und anschließend wurde er auf einem Sessel sitzend enthauptet. Der Bürgermeister Anton Bymel und andere Augsburger Bürger schickten einen Boten nach Weißenhorn, um zu erfahren in welchem Glauben Langenmantel sterben wollte. Beim Herausführen hat er diesen Boten gesehen. Er sprach ihn an und wollte wissen, was er hier zu suchen habe. Der Bote antwortete, dass er von den Stadtoberen geschickt worden sei, ob er im alten oder im neuen Glauben (katholisch oder evangelisch) sterben wolle. Langenmantel gab zur Antwort: Sag denen, die dich geschickt haben, ich will im alten Glauben sterben, nach der alten Gewohnheit der Mütter, der heiligen christlichen Kirche. Denn ich habe geirrt und die heilige Schrift nicht richtig verstanden. Ich bitte alle, dass sie alles was ich jemals geschrieben habe, zusammen suchen und verbrennen. Von allen die mir gedenken will ich mich verabschieden – behüt dich Gott.

Nachdem ihn der Henker auf den Sessel gesetzt hat, um ihm den Kopf abzuschlagen, wendet er sich an den Henker und spricht: Meister, ich bitte dich, lass dir Zeit. Wenn es an der Zeit ist, so will ich männlich standhalten. Lasst mich vor den ganzen Gläubigen sprechen und ihr Herr Pfarrer, wenn ich strauchle oder irre, so mahnt mich, damit ich recht spreche. Da hat er seinen Glauben dargelegt und sich wieder dem Henker zugewendet und gesagt: Ich bitte dich, lasse mich bevor meine Seele meinen Leib verlässt noch einmal meinen Glauben bekennen. Als er erneut gegen den Glauben redete, schlug ihm der Henker den Kopf ab. Dieser fiel zu Boden und der Rumpf bliebe auf dem Sessel sitzen, bis der Sessel schließlich mitsamt dem Leib umfiel. Er hat sein Leben so andächtig und in Ruhe beschlossen, dass viele Leute zu Jammern und zu Weinen begannen.“

(Eyttelhans Langenmantel gehörte zu einer der angesehensten Bürgerfamilien der freien Reichsstadt Augsburg. Sein Vater Hans Langenmantel wurde 14 mal zum Augsburger Bürgermeister erwählt und war viele Jahre Hauptmann des Schwäbischen Bundes. Eyttelhans Langenmantel wurde von dem Wiedertäufer Hans Hutten getauft und ist der Urheber zahlreicher Schriften der Täuferbewegung.)

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