Geschichten aus dem Wittelsbacher Land
Aus der Chronik des Clemens Senders,
Benediktinermönch von St. Ulrich und Afra in Augsburg, geboren am
23. November 1475 in Lauingen (Der Text wird in einer heute
verständlichen Sprache wiedergegeben)
Die Auseinandersetzung um den rechten
Glauben wurde im Wittelsbacher Land und im Schwäbischen, wie überall
im Reich mit Intoleranz und äußerster mittelalterlicher Grausamkeit
geführt. Im Umgang und der Bewertung der Wiedertäufer gab es keinen
großen Unterschied zwischen den katholischen und protestantischen
Fürsten, der katholischen und protestantischen Geistlichkeit im
Reich. Der Homunculus freut sich über die vielen Mittelalterfeste im
Land und die Freude der Leute am Verkleiden und dem Interesse an der
alten Zeit, aber die Wirklichkeit im ausgehenden Mittelalter und der
beginnenden Neuzeit hat damit gar nichts zu tun.
23. April 1528
„Am St. Georgentag ist Eyttelhans
Langenmantel mit seinem 19jährigen Knecht und seiner Magd in
Leiterhofen vom Hauptmann des Schwäbischen Städtebundes Diepold vom
Stain festgenommen worden. Außerdem wurden in Göggingen zwei junge
Bauernknechte gefangen genommen. Der Hauptmann hat die Ketzer mit 20
Reitern nach Weißenhorn geführt und am 11. Mai hat man sie dort
enthauptet und die Magd ertränkt. Sie alle haben ihren Irrtum
widerrufen und ihr Leben im alten, wahren, christlichen Glauben
beschlossen.
Der Langenmantel litt schwer unter der
Podogra (Gicht), deshalb fuhr man ihn auf einem Karren zur Richtstatt
hinaus und anschließend wurde er auf einem Sessel sitzend
enthauptet. Der Bürgermeister Anton Bymel und andere Augsburger
Bürger schickten einen Boten nach Weißenhorn, um zu erfahren in
welchem Glauben Langenmantel sterben wollte. Beim Herausführen hat
er diesen Boten gesehen. Er sprach ihn an und wollte wissen, was er
hier zu suchen habe. Der Bote antwortete, dass er von den Stadtoberen
geschickt worden sei, ob er im alten oder im neuen Glauben
(katholisch oder evangelisch) sterben wolle. Langenmantel gab zur
Antwort: Sag denen, die dich geschickt haben, ich will im alten
Glauben sterben, nach der alten Gewohnheit der Mütter, der heiligen
christlichen Kirche. Denn ich habe geirrt und die heilige Schrift
nicht richtig verstanden. Ich bitte alle, dass sie alles was ich
jemals geschrieben habe, zusammen suchen und verbrennen. Von allen
die mir gedenken will ich mich verabschieden – behüt dich Gott.
Nachdem ihn der Henker auf den Sessel
gesetzt hat, um ihm den Kopf abzuschlagen, wendet er sich an den
Henker und spricht: Meister, ich bitte dich, lass dir Zeit. Wenn es
an der Zeit ist, so will ich männlich standhalten. Lasst mich vor
den ganzen Gläubigen sprechen und ihr Herr Pfarrer, wenn ich
strauchle oder irre, so mahnt mich, damit ich recht spreche. Da hat
er seinen Glauben dargelegt und sich wieder dem Henker zugewendet und
gesagt: Ich bitte dich, lasse mich bevor meine Seele meinen Leib
verlässt noch einmal meinen Glauben bekennen. Als er erneut gegen
den Glauben redete, schlug ihm der Henker den Kopf ab. Dieser fiel zu
Boden und der Rumpf bliebe auf dem Sessel sitzen, bis der Sessel
schließlich mitsamt dem Leib umfiel. Er hat sein Leben so andächtig
und in Ruhe beschlossen, dass viele Leute zu Jammern und zu Weinen
begannen.“
(Eyttelhans Langenmantel gehörte zu
einer der angesehensten Bürgerfamilien der freien
Reichsstadt Augsburg. Sein Vater Hans Langenmantel wurde 14 mal zum
Augsburger Bürgermeister erwählt und war viele Jahre Hauptmann des
Schwäbischen Bundes. Eyttelhans Langenmantel wurde von dem
Wiedertäufer Hans Hutten getauft und ist der Urheber zahlreicher
Schriften der Täuferbewegung.)
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