Wias friaras wor im Wittelsbacher Land
Sitten und Gebräuche
Bei Diphterie wird Bienenbrut (eine
Bienenwabe mit Larven) in Milch gesotten, dann in einem leinenen
Säcklein um den Hals gelegt und rasch gewechselt, damit es immer
heiß ist.
Bei Masern läßt man die Kinder viel
Met trinken und hält sie warm, damit sie schön schwitzen.
Die Warzen bestreicht man mit
Schnecken, zählt dann die Warzen ab, macht an einen Zwirn so viele
Knoten, als es Warzen sind und vergräbt ihn.
Sommersprossen vergehen, wenn man beim
Betreten einer fremden Kirche gut mit Weihwasser wäscht.
Hühneraugen vergehen, wenn man beim
Gottesdienst während der Wandlung umschaut und dabei spricht: „Ist
das Umschaun in der Wandlung a Sünd, so will ich, daß mein
Hühneraug verschwind.“
Ein Überbein vergeht, wenn man es beim
Schein des Vollmonds reibt, und dabei spricht: „Vollmond schau mein
Überbein an, stehts mir wohl an, lass es dran, stets mir ned an,
nimms zu dir hinan!“
Gegen die Wassersucht fängt man eine
Kröte und bindet ihr an ein Bein ein Säcklein, in welches man die
abgeschnittenen Nägel der Finger und Zehen des Patienten steckt.
Dann gibt man der Kröte die Freiheit; so nimmt sie mit den Nägeln
auch die Wassersucht fort.
Zahnweh vergeht, wenn man einer
lebendigen Maus den Kopf abbeißt, diesen in einen Stofffetzen bindet
und sich dann um den Hals hängt.
Rotlauf verschwindet, wenn man in
seiner Kammer zwei Turteltauben hält, weil dies die Krankheit an
sich ziehen.
Die Patienten des Aichacher
Badermeisters Simon Schenk konnten sicher sein, dass er keines dieser
Mittel anwendete. Wenn sie es nicht glauben wollen, können sie es in meinem Mittelalterkrimi "Homunculus - Das tote Mädchen vom Gerberhof" nachlesen.
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